Grossratsgeflüster über scharfe Schüsse, Eigengoals und Lehrer:innen-Mangel

Die Grossratssitzung vom 11. Januar war gefüllt mit allen möglichen Themen. Da wird eine Frau mit Sturmgewehr-Plakaten Kantonsrätin und andererseits stellt sich ihre Partei wiedermal komplett quer bei der Energiewende. Letztendlich wurde der Lehrer:innen-Mangel thematisiert.

Cornelia Büchi aus der SVP ist vor allem daher bekannt, weil sie gerne mit Sturmgewehren auf Wahlplakaten posiert. Von nun an ist sie auch Thurgauer Kantonsrätin. Zusammen mit Alexander Sigg aus der GLP legte sie an der Grossratssitzung vom letzten Mittwoch ihr Amtsgelübde ab. Letzterer wurde dann im nächsten Traktandum zum Beobachter in der Gesetzgebungs- und Redaktionskommission gewählt.
Scharf schoss die Sünneli-Partei dann auch im vierten Traktandum, und zwar gegen die Energiewende. Denn der flexible Energiefond wäre eigentlich nur noch reine Formsache gewesen. Flexibel würde bedeuten, dass der Fond gegen oben nicht gedeckelt würde. Bei der Abstimmung wurde die Änderung diskussionslos mit 84:35 Stimmen gutgeheissen. Die SVP brachte es aber dann über das Behördenreferendum zustande, dass diese Gesetzesänderung doch noch vor das Volk muss -­ eine weitere Behinderung in der Energiewende. Wen wundert es?

Dann folgten zwei unbestrittene Geschäfte. Das Traktandum über die Besoldung der Lehrpersonen ging ohne Diskussion in die letzte Runde. Bei der Gesetzesänderung über die Strassen und Wege ging auch ohne Diskussion in die nächste Runde. Nun kam das Traktandum, das mir am meisten am Herzen lag an diesem Vormittag. Schon zum dritten Mal wurde probiert, die Kirchensteuer nur für juristische Personen abzuschaffen. Die Motionär:innen argumentierten mit altem Zopf, systemfremd usw.

Ich formulierte mein Votum aus Sicht eines Mitglieds der Kirchenvorsteherschaft im Ressort Liegenschaften Romanshorn. So konnte ich darlegen, was mit den Kirchensteuern alles geschieht und dass Firmen viele solidarische Tätigkeiten der Kirchen ermöglichen. Da sämtliche Renovationen und Investitionen durch Firmen ausgeführt werden, ist die Kirchensteuer für juristische Personen ein Geben und Nehmen. Ich nannte ihre Abschaffung ein Eigengoal. Ausserdem wies ich darauf hin, dass im Thurgau die Hälfte der Firmen gar keine Steuern zahlen, weil sie keinen Gewinn ausweisen. Auch hier ein Jammern auf hohem Niveau. 18 Rednerinnen und Redner sprachen zu diesem Thema, 15 waren gegen die Motion. Letztendlich wurde das Geschäft mit 23 ja zu 94 nein für nicht erheblich erklärt, Juhui!!

Nun wollen wir noch wissen, wohin im Kanton die Subventionen und Darlehen gehen. Felix Meier hat darüber ein sehr interessantes Votum gehalten. Er erklärt, dass Subventionen wichtig seien, aber in der Höhe, wie sie im Thurgau ausfallen, zum Gesamtaufwand nichts Beunruhigendes wären. Das Anliegen wurde mit 115 Stimmen abgeschrieben.

Inzwischen ist es schon 12 Uhr und wir nehmen noch die «Interpellation Lehrermangel, was tun wir dagegen?» in Angriff. Elina Müller ist unsere Rednerin. Sie weist darauf hin, dass ein Teil des Mangels demografisch ist durch Pensionierungen, zu wenig neue Lehranwärter. Wieder mehr Schüler:innen. Dass es ein Mangel gibt, ist zweifellos, aber woher nehmen und nicht stehlen? Es wird bemängelt, dass die Lehrer:innen zu viele Lektionen, zu schwierige Schüler:innen und zu viel rundherum haben neben dem Kerngeschäft.
Das Schlussbouquet setzten unsere Freund:innen aus der EDU. Sie lassen momentan keine Möglichkeit aus, den Bürgerinnen vorzuschreiben, wie Liebe und Geschlechter funktionieren sollen, und dafür instrumentalisieren sie das Thema Lehrer:innen-Mangel. Und ausserdem würde die Misere von allem bei den Geschlechtern und zu wenig Werte der Familien beginnen. Was auch immer. Das Thema Bildung scheint die EDU nicht zu kümmern, und sie ignorierten es in ihrem Statement komplett.

Grossratsgeflüster vom 11. Januar 2023, geschrieben am 15. Januar 2023 durch Martin Nafzger

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