Wer die Wahl hat, hat die Qual

Bericht aus dem Grossen Rat vom 20.05.2020 von Christine Steiger, Kantonsrätin Steckborn

Das bekannte Sprichwort trifft auf die Sitzung des Grossen Rates vom 20.05.2020 mit Bezug auf die Genehmigung der Wahl der Mitglieder des Grossen Rat leider in einem ganz anderen Sinne zu.
Die Stimmberechtigten des Bezirks Frauenfeld haben sich die Mühe gemacht, sich mit dem bunten Strauss der sich zur Wahl stellenden Kandidaten und Kandidatinnen auseinander zu setzen. Sie haben kumuliert, panaschiert oder einfach eine unveränderte Liste abgegeben. Sie haben gewählt. So weit so gut. Nach der Wahl wurden Unregelmässigkeiten festgestellt, die zu einer Strafanzeige führten.

Nun haben wir ein regelrechtes Wahldrama im Bezirk Frauenfeld. Wie Generalstaatsanwalt Stefan Haffter deutlich macht, liegt Wahlbetrug vor. Es ist höchstwahrscheinlich, dass damit die GLP im Bezirk Frauenfeld zulasten der SVP einen Sitz dazu gewinnt. Gemäss Originalton Haffter gibt es keinen Grund mehr die Genehmigung der Wahl aufzuschieben. Fakt ist also, es wurde betrogen und nicht bloss gemauschelt. Das Mauscheln hat nun der Grosser Rat übernommen, indem er bloss die Wahl von 129 Ratsmitgliedern genehmigte. Die Wahlgenehmigung des umstrittenen Sitzes wurde aufgeschoben, bis das Ergebnis der Strafuntersuchung vorliegt. Ein Teil der Fraktion SP und Gewerkschaften konnte sich dieser Teilgenehmigung nicht anschliessen. Fraktionspräsidentin Sonja Wiesmann machte in ihrem Votum klar, dass wir mit der Zustimmung zu diesem pragmatischen Kompromiss die Entscheidung und allfällige Konsequenzen einfach aufschieben und die Glaubwürdigkeit demokratischer Wahlen und Integrität des Grossen Rates aufs Spiel setzen.
Es fragt sich auch, ob die nun abgesegnete Teilgenehmigung des Wahlergebnisses verfassungsmässig ist und ob nicht die Wahl im gesamten Bezirk Frauenfeld nicht hätte genehmigt werden dürfen. Es bleibt die Hoffnung bestehen, dass die Beschlüsse des «Schrumpfparlaments» nicht irgendwann aus formellen Gründen als nichtig betrachtet werden müssen.
Ein weitaus erfreulicheres und grossartigeres Szenario wäre es gewesen, wenn die SVP nach den unmissverständlichen Äusserungen des Generalstaatsanwalts sich nicht nur deutlich vom Wahlbetrug distanziert, sondern aufgrund des sich mit grösstmöglicher Wahrscheinlichkeit abzeichnenden Sitzgewinns der GLP freiwillig den Sitz abgibt. Damit hätte die SVP Grösse gezeigt und zwar nicht nur mit Bezug auf ihre Anzahl der Ratsmitglieder.
Keine Qual gab es bei der Wahl von Norbert Senn. Er wurde mit 123 von 126 möglichen Stimmen zum Grossratspräsidenten gewählt. Wir gratulieren herzlich.
Herzliche Gratulation auch an Alban Imeri, der bei der Wahl zum Präsidenten der Justizkommission zwar unterlag, aber nur knapp mit 57 zu 69 Stimmen.

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