Grossratsgeflüster über Strassenklassen und Biodiversität

Eigentlich müsste das Grossratsgeflüster umbenannt werden zu Fraktions- und Grossratsgeflüster, denn die sozialdemokratische Politik im Thurgau wird zu einem wichtigen Teil in der Fraktion gemacht und anschliessend im Grossen Rat im öffentlichen Diskurs dargelegt. Jeweils direkt vor der Grossratssitzung tagen die Fraktionen und beraten die Ratsthemen vor. So bewirken wir, dass unsere Vertreter*innen in den jeweiligen Themen von den Kolleg*innen unterstützt sind und sie auch die weiteren Meinungen der Fraktionskolleg*innen in ihr Votum einfliessen lassen können.

Und was waren nun die Themen vom 31. August?  Der Grosse Rat wählte unseren ehemaligen Grossratskollegen Alex Frei (Mitte) unbestritten zum ausserordentlichen Berufsrichter für Arbon. Dann wurde die Änderung der Besoldungsverordnung des Staatspersonals einstimmig angenommen. Gespannt hörte ich bei der zweiten Fragestunde zu. Vier Fragen wurden vor Wochenfrist eingereicht, welche der Regierungsrat mündlich beantwortete. Als spannend erachtete ich die Frage zu dem massiven Anstieg der Mietnebenkosten, wo der Regierungsrat Möglichkeiten für die Unterstützung stark betroffener Familien und Personen sieht. Dieser Kostenanstieg trifft vor allem einkommensschwache Menschen und so empfand ich die Antwort von Regierungsrat Urs Martin (SVP) sehr lapidar: Die Teuerung würde in den Lohnrunden berücksichtigt, der Staat habe die Steuern gesenkt und sonst könne man sich bei der Sozialhilfe melden. Wir von der SP und Gewerkschaften kämpfen mit viel Gegenwind jährlich um faire Lohnrunden. Menschen mit tiefen Einkommen profitieren nicht von Steuersenkungen. Wenn aber Menschen aufgrund struktureller Probleme, wie die Teuerung, in die Sozialhilfe fallen, müssen wir die Strukturen verbessern und nicht die Sozialhilfe als Massnahme preisen.

Eine sensible Güterabwägung für die Biodiversität
Nach der Fragestunde beriet der Rat die Änderungen des Gesetzes zum Schutz und Pflege der Natur und Heimat (TG NHG). Unsere Elina Müller machte klar, dass die Umsetzung der Volksinitiative Biodiversität wichtig wie unbestritten ist. Kritisch sieht sie die Gesetzesanpassungen im Denkmalschutz, weil die Stärkung der Biodiversität zugleich den Schutz unseres baukulturellen Erbes schwächt. Es braucht in der Umsetzung des Gesetzes eine sensible Güterabwägung, damit die Biodiversität und baukulturelle Zeitzeugen Platz haben. Das Eintreten und die erste Lesung wurde ohne Anträge behandelt.

Bilateraler Weg für Thurgauer Strassen
Bei der folgenden Gesetzesberatung zum Gesetz über Strassen und Wege vertrat unsere Fraktionspräsidentin Sonja Wiesmann die Haltung der SP, welche die gesetzliche Pflicht des Grossen Rates einen Netzbeschluss über das Kantonsstrassennetz zu fassen anerkennt. Diese bald dreissig Jahre alte Pendenz soll verständlicherweise erledigt werden. Die nun vorliegende Fassung der 2 Klassen Strassen und der generellen Erhöhung um 8 % am Ertrag der Strassenverkehrsteuer, können wir unterstützen. Die zwei Strassenklassen unterscheiden sich durch die Zuständigkeit, ob der Grosse Rat oder der Regierungsrat, bei einer Abtretung zuständig ist. Mit den betroffenen Gemeinden sollen individuelle Lösungen auf bilateralem Weg gefunden und nach dem heute bereits bestehenden Prozess vorgegangen werden. Bei dieser Gesetzesänderung war das Eintreten umstritten und dennoch mit grossem Mehr beschlossen. In der ersten Lesung wurden zwei Änderungsanträge gestellt, welche der Rat aber ablehnte.

Die weiteren Traktandenpunkte wurden wegen Zeitmangel auf die nächste Sitzung verschoben.

31.08.2022 / Turi Schallenberg

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