Festbänke, viel Wind und 91 Polizist*innen

Bericht aus dem Grossen Rat vom 06.05.2020 von Nina Schläfli, Kantonsrätin und Parteipräsidentin

Die letzte Sitzung der Legislatur war gleichzeitig die erste «extra muros». Nach zwei coronabedingten Sitzungsausfällen traf sich der Grosse Rat in der Rüegerholzhalle in Frauenfeld. Jede*r anwesende Parlamentarier*in bekam eine eigene Festbank zugeteilt. Feststimmung kam keine auf und eine Art andächtige Stille begleitete die Sitzung – etwas, was ich während der ganzen letzten Legislatur so auch noch nicht erlebt habe.

Ebenfalls selten vorher kamen so viele gewichtige Geschäfte zur Abstimmung. Zuerst segnete der Grosse Rat die vom Regierungsrat ergriffenen Notstandsmassnahmen und den Nachtragskredit ab. Kritik gab es kaum und wenn, dann wurde diese sehr vorsichtig platziert. Auch die Fraktion SP und Gewerkschaften stimmte der Vorlage einstimmig zu. Gleichzeitig deponierte wir unsere Forderungen an kommende Pakete und Massnahmen: Existenzsichernde Löhne für Selbständigerwerbende und Arbeitnehmende in Kurzarbeit aus dem Tieflohnbereich, Sicherung der Kinderbetreuungsplätze, Mietzinserlasse für Mieter*innen der kantonalen Liegenschaften, klare Positionierung zur geschlossenen Grenze, Gewährleistung des Gesundheitsschutzes aller Arbeitnehmenden, Sicherstellung des Rechtes auf Gesundheit (vor allem der Menschen, die auf sog. Schwarzen Listen stehen), Einsatz des Regierungsrates für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmenden sog. systemrelevanter Berufe. Weiter setzten wir uns dafür ein, dass eine parlamentarische Spezialkommission «Corona» eingesetzt wird, um die Herausforderungen der kommenden Monate und Jahre bewältigen zu können. Die Covid-19-Pandemie sowie ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen werden uns auch im Kanton Thurgau noch eine lange Zeit beschäftigen.
Die emotionalste Diskussion des Tages drehte sich um die Windenergie. Eigentlich ging es nur darum, Windenergiegebiete im Richtplan festzulegen und nicht um ein konkretes Projekt. Die Debatte drehte sich dann aber um Wirkungsgrad, Chancen und Gefahren von Windenergie, toten Vögel und Fledermäusen, Landschafts- und Klimaschutz. Fraktionssprecherin Christine Steiger fasste diese Zielkonflikte treffend zusammen: «Die Bewahrung der Biosphäre ist genauso wichtig wie der Schutz der Atmosphäre. Eine Form der Energiegewinnung, die sich ökologisch nennt, muss Rücksicht auf die Natur und auf den Menschen nehmen.» Trotz grossem Widerstand aus der SVP-Fraktion genehmigte der Grosse Rat die Richtplanänderung. Der Kanton Thurgau macht so immerhin einen kleinen Schritt in eine nachhaltigere Zukunft – auch wenn mit diesem Beschluss noch kein einziges Windrad aufgestellt werden kann.
Im letzten grossen Traktandum des Tages ging es um die Aufstockung des Polizeikorps um 91 Polizist*innen und 25 neue Stellen im Support in den nächsten zehn bis zwölf Jahren. Ein Geschäft, dass unsere Regierungsrätin Cornelia Komposch seit Monaten beschäftigt. Schweizweit betrachtet bildet der Kanton Thurgau mit eine*r Polizist*in auf 717 Einwohner*innen derzeit das Schlusslicht bezüglich der «Polizeidichte». Dringender Handlungsbedarf wurde auch im Rahmen eines Reorganisationsprojekts erkannt: Die Bevölkerung wächst ständig, die Anforderungen an die Polizei haben sich stark verändert und besonders die Digitalisierung erfordert neue fachliche Kompetenzen. Unsere Fraktion stimmte der transparenten und gut dokumentierten Botschaft einstimmig zu und ist überzeugt, wie es Fraktionspräsidentin Sonja Wiesmann am Schluss ihres Votums anmerkte, «dass wir durch die Reorganisation und die Erhöhung des Polizeikorps für die bestehenden und künftigen Herausforderungen unserer Gesellschaft bestens gerüstet sind.»
Leider müssen wir an den kommenden Sitzungen gleich auf zwei Fraktionskollegen und eine Fraktionskollegin verzichten. Inge Abegglen und Walter Hugentobler stellten sich nicht mehr zur Wahl und Alex Granato schaffte knapp die Wiederwahl nicht. Sie alle werden uns fehlen. Vielen herzlichen Dank für eure Arbeit, euren unermüdlichen Einsatz, euer grosses Engagement – für die SP und für den Kanton Thurgau!

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