Fehlende Industriepolitik im Thurgau

Medienmitteilung

Ab Donnerstagabend trafen sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu einer Bildungsveranstaltung im Hotel Thurgauerhof in Weinfelden zum Thema Frankenstärke und der daraus resultierenden Industriekrise im Thurgau. Der ehemalige TKB-Bankrat und Wirtschaftswissenschaftler aus Kreuzlingen, Marcel Bühler, führte zusammen mit SP Nationalrätin Edith Graf-Litscher durch den Abend.

Der Kanton Thurgau ist besonders stark von der Aufgabe des Euromindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank SNB betroffen. Der Thurgauer Industriesektor bietet überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze. Die Grenzlage und die starke Exportindustrie – die Thurgauer Industrie exportiert mehr in die deutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern als in die Restschweiz – machen die negativen Auswirkungen der Frankenstärke verstärkt spürbar.

Die von Marcel Bühler präsentierten aktuellen Zahlen sind erschreckend. So sind im Thurgau zurzeit 4,6% der Erwerbstätigen auf Stellensuche, die Exporte sind im ersten Quartal 2016 wertmässig um 8% zurückgegangen, während sie mengenmässig um 2% zugelegt haben. Die Exportbetriebe mussten ihre Export-Preise senken, ihre Gewinnmargen sind nach der Aufhebung des Mindestkurses zusammengebrochen. In seiner Antwort vom März dieses Jahres auf eine Interpellation im Grossen Rat bestätigt der Regierungsrat die Probleme der Thurgauer Exportwirtschaft. Er sieht jedoch keine politischen Einflussmöglichkeiten auf die globalen und nationalen Vorgänge, welche die Thurgauer Exportwirtschaft im Griff halten. Sind die Margen zu klein oder werden sogar Verluste erwirtschaftet, bleiben keine finanziellen Mittel für Rückstellungen und Investitionen für Innovationen, die – wie Edith Graf-Litscher ausführte – gerade im digitalen Zeitalter dringend notwendig sind.

Der Kanton Waadt zeigt, dass es auch anders geht. Auf den Vorschlag der Gewerkschaft Unia hin schuf der Kanton zwischen April 2015 und Januar 2016 einen Fonds zur Sicherung des Industriestandortes. Der Fonds unterstützt Unternehmen mit Bürgschaften für Kredite, eigenen Darlehen sowie nichtzurückzahlbaren Hilfen. Eine Wirtschaftsförderung, welche nicht nur auf die Neuansiedlung von Unternehmen, sondern auch auf die Sicherung des bestehenden Wirtschaftsstandortes zielt, wäre auch im Thurgau möglich, führte Marcel Bühler vor dem interessierten Publikum, dem auch die SP Regierungsrätin Cornelia Komposch sowie sieben amtierende Kantonsräte angehörten, aus.

Am Ende waren sich die anwesenden Genossinnen und Genossen einig: Im Thurgau gegen den schleichenden Abbau des Industriesektor nichts zu unternehmen, ist keine Handlungsalternative.

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